Montag, 19. September 2011

Die erste indische Zugfahrt. Die Reihenfolge der aufgelisteten Züge am Gleis ist willkürlich. Jeder Bahnhof habe seine eigene Uhrzeit, meint Jacintha. Die angeschriebene Ankunftszeit des Zuges richte sich nach der Bahnhofsuhr, nicht nach der Uhrzeit auf der Armbanduhr des Wartenden. Wir sitzen am Gleis und beobachten, die indischen Frauen sind farbenfroh gekleidet. Sie sitzen auf dem Boden und essen. Der Zug rollt ein, jetzt muss es schnell gehen. Es ist eng, es herrscht großes Gedränge. Der Platz ist beengt, man sitzt sich gegenüber, die Knie berühren sich fast. Drei Betten kann man übereinander ausklappen, anstelle von Fenstern gibt es eiserne Stangen. Alle sprechen miteinander, Fremde scheint es nicht zu geben. Unter den Mitreisenden befinden sich eine Menge Kakerlaken. Wir griensen ununterbrochen.
Mangalore ist keine Großstadt, wie man sie sich vorstellt, es ist grün, überall gibt es Palmen. Auch das Meer haben wir schon gesehen! Mangalore ist ein richtiger Kontrast zu Coimbatore, dort war es laut und hektisch.
In unserem Zimmer fühlen wir uns sehr wohl, wir haben sogar einen kleinen Balkon. Wir wohnen über den Räumen der Organisation. Beeindruckt sind wir von den Frauen, die bei Prajna arbeiten! Sie sind selbstbewusst und sehr stolz auf ihre Organisation, vorallem die Direktorin Miss Hilda. Auch die Putzfrau und die Köchinnen mögen wir sehr, lächelnd bieten sie uns ständig schwarzen Tee an. "Madam's calling you, Madam's calling you" rufen sie, wenn sie an unsere Zimmertür klopfen. Leider können sie kein Englisch, doch wir werden versuchen die lokale Sprache "Kannada" zu lernen.
In den letzten Tagen haben wir wahnsinnig viel erlebt, wir haben die Mädchen kennen gelernt, mit denen wir unsere Sonntage verbringen werden, haben Miss Hilda zu der Abschlussveranstaltung der Workshoptage zum Thema Aids begleitet und haben die Lebensgeschichten der Kinder erzählt bekommen.
Auf die Sonntage werden wir uns ab jetzt immer sehr freuen! Und auf die vielen lachenden Kindergesichter, darauf wie die Mädchen "Aka, Aka" (Schwester, Schwester) rufen. Fünfzig Mädchen wohnen in dem Children's Home. Viele der Mädchen haben keine Eltern mehr und wurden auf der Straße in Mangalore gefunden. Ein Mädchen wurde von ihren Eltern in einem Tempel zurück gelassen, manche Kinder wurden von ihren Eltern als Haushaltshilfe missbraucht oder wurden geschlagen.

Wir haben das "Short Stay Home" für misshandelte Frauen besucht. Bis zu drei Jahren können sie hier wohnen. Wir unterhielten uns mit vier jungen Frauen, sie sind fünfundzwanzig Jahre alt, arbeiten hier bis sie heiraten erzählen sie. In der nächsten Zeit werden wir die Geschichten der Frauen dokumentieren, besonders im Gedächtnis bleibt uns das Gesicht einer Frau deren Arm verbrannt ist, weil sie versucht hatte sich umzubringen. Wegen ihrem Mann, wurde uns erzählt.
Heute Mittag waren wir im Büro des "Children Fund's", ein Projekt das von Prajna unterstützt wird. Unsere Aufgabe wird es sein, eine Broschüre darüber zu erstellen. Kinder, deren Familien in Slums wohnen, suchen Paten, damit ihnen die Schulbildung sowie Kleidung und gesundheitliche Versorgung ermöglicht werden kann. Außerdem gibt es Kinderparlamente, in denen Kinder lernen sich eine eigene Meinung zu bilden. Oft konnten die Kinder zuvor nicht zur Schule gehen, da sie gearbeitet haben, beispielsweise in der Chemie-Industrie. In vielen Fällen ist ihr Vater Alkoholiker und die Kinder sollten im Haushalt helfen. Früher sei es noch ein Problem gewesen, die Eltern davon zu überzeugen, wie wichtig Schulbildung für ihre Kinder ist, erzählte uns der Leiter des Projekts. Heute werden von dem Children Fund auch Selbsthilfegruppen für Mütter organisiert. Am Samstag werden wir die Children Clubs und auch die Familien der Kinder besuchen.
Eine Menge neue Bilder bekommen wir jeden Tag zu sehen. Abends helfen wir zwei Mädchen bei den Englischhausaufgaben, bevor sich die Inderinnen dann verabschieden und es ruhig wird in dem großen Haus...

Lea

Ein erstes Namaste aus Indien!

Nach den ersten 12 Tagen finden wir nun endlich die Gelegenheit, euch an unserem „Neuen Leben“ teilhaben zu lassen.
Am 6. September um 11.10 erhob sich unser Airbus in Frankfurt in die Lüfte um uns nach Chennai, eine Stadt an der Ostküste Indiens zu befördern. Von dort aus flogen wir mit einer kleinen Maschine nach Coimbatore, wo wir unsere erste Woche auf indischem Boden verbrachten. Völlig übermüdet und von den ständigen Temperatur-Schwankungen überfordert (die Inder lieben es, Räume auf 15°C runter zu kühlen während draußen 30°C sind) erreichten wir das KKID, ein von der Karr Kübel Stiftung finanziertes Zentrum am Rande von Coimbatore.

Der „Mentor of Mentors“ , eine unglaublich herzliche und lustige Inderin half uns in dieser ersten Woche, Indien langsam kennenzulernen.
Das KKID ist wunderschön in den Bergen gelegen und man läuft ständig an Geckos, Pfauen oder anderen faszinierenden Tieren vorbei.
In dieser Woche machten wir viele, viele Ausflüge, um zum einen Indien, zum anderen die Arbeit von NGOs (Non GovermentalOrganisations) besser kennenzulernen. So fuhren wir mit Jeeps über Schlaglöcher übersäte Straßen hin zu kleinen Dörfern, wo wir Kindergarten und Schule besichtigen durften. An einem anderen Tag besuchten wir einen Schwestern Orden, der im vorigen Jahr Freiwillige bei sich hatte. Gemeinsam mit den Sisters fuhren wir in ein abgelegenes Dorf, das hoch oben in den Bergen lag. Man hatte das Gefühl, die Zeit sei stehengeblieben! Die Menschen beäugten uns argwöhnisch und fragten dann, warum wir denn so merkwürdig aussehen würden und weiße Haut hätten…wir waren die ersten Weißen, die sie jemals gesehen haben! Beim Besuchen eines indischen Dorfes trifft man zwar Menschen, was einem jedoch noch mehr begegnet sind Kühe, Ziegen und Hunde.
Ich glaube, mit das Schönste Leben, dass man haben kann, ist eine Kuh in Indien zu sein! Im Gegensatz zu der Bevölkerung, die sich an unzählige Regeln halten muss, können die Kühe gehen und stehen wo sie wollen, laut sein, sich vermehren, sich daneben benehmen wie auch immer sie möchten 
Die ersten Tage unternahmen wir Ausflüge mit dem privaten Bus des KKIDs, aber auf dem Weg zu den Sisters platze uns, wie zu erwarten, ein Reifen, sodass wir mit dem öffentlichen Bus weiterfahren mussten.
Hier in Indien ist es schwer zu verstehen 1. Wo sich eine Bushaltestelle befindet(wir glauben, dass man einfach seinen Arm raushält und der Bus dann für eine gefühlte ¼ Sekunde hält und dann weiterbraust) Die Reihen sind in Frauen und Männer aufgeteilt, so wie auch die Buseingänge. Mit diesen Bussen zu fahren ist ein bisschen, als würde man mit dem „Fahrenden Ritter“ aus den Harry Potter Büchern fahren- ständig überholt man, schlängelt sich zwischen anderen durch, bremst abrupt ab, beschleunigt dann wieder zackig und so weiter…ganz schön anstrengend, wenn man das nicht gewohnt ist!
Ein weiterer besonders wichtiger Ausflug für uns Mädchen war die Shopping-Tour um uns alle ein bisschen zu „indianisen“. In Indien einkaufen ist farbenfroher als in Deutschland, aber er springen immer 3 Menschen um einen herum um zu helfen, was uns, die so etwas nicht gewohnt sind, eher blockiert als weiterhilft  Schlussendlich hatten wir aber alle wunderschöne, neue Outfits, in denen wir uns schon ein bisschen indischen fühlten.
Ein wunderschöner Ausflug führte uns zu Malathis Familie, bei der wir uns alle sofort sehr wohl fühlten und bestens umsorgt wurden  Eine Freundin von Malathi kam vorbei um uns Henna-Tattoos aus unsere Hände zu malen, was uns noch ein Stückchen indisches aussehen ließ!
Wir alle waren nach jedem der Ausflüge erfüllt und manchmal auch ein bisschen überfordert mit den neuen Eindrücken und Erlebnissen, sodass wir doch immer froh waren, das KKID wieder sicher zu erreichen.
Was uns ebenfalls fast alle überforderte war das Essen. Scharf-Schärfer-Indisch!
3mal täglich warmes, scharfes und völlig fremdes Essen… wir waren alle überglücklich als eine von uns an unserem letzten Tag das mitgebrachte Schwarzbrot und ein Glas Nutella auspackte 

Am Sonntag trafen die Mentorinnen ein- 24 herzliche, gut gelaunte Inderinnen, die es uns einfach machten, uns ihnen zu öffnen. Unsere beiden Mentorin heißen Reshma und Jacintha. Nach einer kurzen „Beschnupperungs-Phase“ besprachen wir mögliche Aufgaben, die wir in PRAJNA übernehmen würden können, sowie unsere Ziele und Wünsche für die kommenden 7 Monate!
Am Abend vor unserer Abreise bereiteten wir eine kleine „Cultural-Show“ vor, zu der alle Mitarbeiter des KKIDs eingeladen wurden. Der Indische Tanz, den wir noch in Deutschland einstudiert hatten, war ein voller Erfolg, während unser Sockenpuppen-Medley den Inder wohl doch etwas zu fremd war…
Nunja, das war unsere erste indische Woche.

Wir haben viel gesehen, viel gelacht, viel geweint und viel gelernt.
Aber jetzt beginnt unsere noch viel wichtigere Lernphase. Unsere Reise nach Mangalore und unsere Arbeit bei PRAJNA, wegen der wir den weiten Weg nach Indien gegangen, gefahren und geflogen sind.

Indien ist….bunt, gastfreundlich, laut, grün, vielfältig unvergleichbar, wunderschön!
In diesem Sinne, „Namaste“, oder „Namaskaar“, wie man hier in Karnataka sagt.

Octavia

Ein erstes Namaste aus Indien!


...so warteten wir in Chennai auf den Anschlussflieger

...unser erstes original-indisches Henna-Tattoo =)

...ein Bergdorf...

...wir alle im KKID

...Workshop mit den eingetroffenen Mentoren...

...so sieht es aus, im KKID